Im Teil 1. haben wir die Begründung gelesen, warum bereits heute ein Ventilatoren-Hersteller als System-Lieferant agieren sollte. Will der klassische mittelständische Maschinenbauer von der Entwicklung nicht überrollt werden, muss er sich jedoch den Herausforderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, stellen. Dies setzt aber eine Digitalisierungs-Strategie voraus, die vom Kopf des Unternehmens durchgängig bis in alle Abteilungen gelebt wird. Hat die Geschäftsführung sich von der Notwendigkeit eines Wandels durch Digitalisierung überzeugt, sollte diese ein Team aus der Führungsebene aller Geschäftsbereiche, also von der Technik, Produktmanagement, Marketing, Vertrieb, Service, Recht, Finanzen und IT bilden. Bei der Komplexität der notwendigen Aufgaben braucht man Mitarbeiter, die für den Wandel gerüstet sind und den Wandel mit vollziehen, vielleicht sogar vorantreiben, miteinander interagieren und man braucht Unternehmer die diesen Wandel führen.
Bild 15: Quelle: Von Webteam UNITY – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=68073586
Eine solche Digitalisierungs-Strategie kann für den klassischen Maschinenbauer der Weg über den Serviceanbieter hin zur Plattformökonomie sein. So heterogen wie die derzeitige IoT-Plattformlandschaft stellt sich auch die Bandbreite möglicher unternehmerischer Zielstellungen innerhalb der Plattformökonomie dar. Sollen Plattformen vertikal, also zur innerbetrieblichen Optimierung der Geschäfts- und Produktionsprozesse, oder horizontal, d.h. zur unternehmensübergreifenden Integration mit Lieferanten und/oder Kunden und Ausrichtung auf erweiterte und/oder neue Geschäftsmodelle eingesetzt werden? Oder beides?
Die Plattformökonomie bietet Anbietern wie Nutzern umfassende Möglichkeiten und Chancen, haben perspektivisch enorme Auswirkungen auf die Erlös- und/oder Kostenposition und können damit einen entscheidenden Beitrag zur strategischen Positionierung eines Unternehmens im Wettbewerb und zu dessen unternehmerischem Erfolg leisten.
Im Vorgriff zu dem letzten Teil der Berichtsreihe “ Vom Produkt-Lieferant zu erweiterten Geschäftsmodellen.“ Ein kurzer Überblick. Was sind überhaupt erweiterte Geschäftsmodelle im Kontext der Digitalisierung?
Bild 16: Quelle: Hintergrundbild Norman Glaser über Linkedin
Zu den 5 häufigsten Digitalen Geschäftsmodellen zählen:
1. Digitale Plattformen:
Plattform-Angebote sind aktuell die verbreitetste Variante digitaler Geschäftsmodelle. Die Zahl der B2B-Plattformen deutscher Industrieunternehmen steigt immer weiter an.
2. Applikationen:
Tatsächlich können Applikationen auch ein eigenes Geschäftsmodell darstellen, in dem sie Daten erfassen, analysieren und für den Kunden visualisieren. Ergänzend zum Sammeln und Aufbereiten von Daten gehört die Beratung fest zu diesem Geschäftsmodell – diese Dienstleistungen werden somit zur eigentlichen Grundlage der Umsätze.
3. Produkt als Service:
Dieser Ansatz lässt sich dahingehend ausbauen, dass die Nutzung des Produktes als Service angeboten wird – und nicht das Produkt selbst. Der Kunden bezahlt dann, ähnlich wie bei den Applikationen, für die Nutzung des Produkts. Also ein Pay-per-Use-Angebot.
4. Digitale Elemente:
In eine andere Richtung führt hingegen das Angebot digitaler Elemente, um eigene Produkte effizienter und somit für den Kunden attraktiver zu machen. Die Bandbreite ist dabei sehr groß, sie reicht vom weiten Feld der Sensorik bis hin zu Augmented Reality. Diese zus. Leistungen erhöhen zwar den Preis, bieten aber gleichzeitig für den Kunden einen deutlichen Mehrwert.
5. Konnektivität:
Die Vernetzung von Produkten und die Analyse von deren Daten bietet vor allem im Bereich der Überwachung und Wartung neue Möglichkeiten. Dies reicht vom Remote Service bis zum Predictive Maintenance-Angebot.
Stellt man sich nun als Ventilator-Hersteller die Frage nach der Zielsetzung eines erweiterten „Digitalen Geschäftsmodell“ so springt einem das 5. Geschäftsmodell, die „Konnektivität“ und die daraus sich ergebenden Möglichkeiten direkt ins Auge.
Fest steht für mich aber das zukünftige Complete Fan System wird erst als smartes Produkt komplett. Denn hier wird die Grundlage für zwei Lösungsansätze gelegt. Langfristig dem Remote Service bis hin zum Predictive Maintenance-Angebot. Kurzfristig, und schnell umsetzbar und damit als Einstieg in die Materie ideal. Für den Betreiber der Ventilator-Systeme können digitale Elemente eine kostengünstige, intelligente und effiziente Instandhaltung, mit einer App und Auswertsoftware die selbsterklärend ist, bereits wesentliche Vorteile bieten.
Bild 17: Quelle: HBC Horst Benderoth Consulting, Bilder: Reitz, Alexander Bürkle
Wenn wir das Ventilator-System aber durch entsprechende Sensoren smart gestalten, nützt dies nur etwas, wenn wir aus den Rückmeldungen auch Analysen und Simulationen durchführen können. Dazu brauchen wir die Daten auf einer Plattform.
Die langfristige Lösung führt über einen Digitalen Zwilling, also dem virtuellen Abbild des realen Produktes der entlang der gesamten Wertschöpfungskette umgesetzt wird, und genau wie das reale Produkt mit den Informationen verbundener Sensoren versorgt wird. Er ist also, wenn Sie so wollen über den gesamten Lebenszyklus des Produktes sein digitales Ebenbild. Zum Thema „Digitaler Zwilling“ jedoch in einem späteren Beitrag Teil 3 mehr.
Zurück zur IoT-Konnektivitätslösung. Wie las ich doch jetzt in einem Bericht in der Industry of Things – „Kognitive Systeme sind die Nervenzellen des industriellen Internet of Things (IIoT). Messwerte werden erfasst, ausgewertet und bedarfsgerecht weitergeleitet.“
Sehen wir uns doch einmal um, was es an fertigen IoT-Konnektivitätslösung für ein Complet Fan System (CFS) gibt.
Antriebslieferanten bieten bereits sogenannte Smarte Sensoren für deren Motore an, die wichtige Betriebs- und Zustandsparameter zu Vibration, Temperatur, Überlastung, Energieverbrauch etc. erfassen, analysieren und per WLAN bzw. einem Gateway an die Cloud übermitteln. Diese Betriebsdaten werden dann in der Cloud gespeichert. Mit einer entsprechenden App, und zukünftig auch mittels cloudbasierte Analysemöglichkeiten, stellen die Antriebsfirmen dem Benutzer technische Motordaten und wertvolle Analyseergebnisse zum Betrieb und Zustand des Motors zur Verfügung. Das Tool schlägt z.B. empfohlene Maßnahmen zur vorbeugenden Wartung vor.
Bild 18: Quelle: ABB, Siemens, WEG
Derartige Lösungen gibt es z.B. bereits von ABB, Siemens aber auch WEG um nur ein paar der großen Anbieter zu nennen. ABB Ability Smart Sensor System auf seinem IoT Betriebssystem basierend auf der Microsoft Azure Cloud-Plattform. Siemens mit dem Smart Motor Concept auf MindSphere , einem offenen IoT-Betriebssystem von Siemens. WEG Motor Scan auf ihrer WEG IoT Plattform.
Bild 19: Quelle: ABB
Auch für die Lagerung gibt es bereits Smart Sensor-Lösungen.
Z.B. der ABB Ability Smart Sensor für montierte Lager ist eine Überwachungslösung, die eine allgemeine Zustandsanzeige des Lagers bietet, um Sie zu informieren, wenn eine Wartung erforderlich ist, bevor es zu spät ist. Die neueste Smart Sensor-Lösung, die für den Einsatz in Dodge-Lagern von ABB entwickelt wurde, ist ein fortschrittlicher Sensor, der mit dem Lager verbunden ist und kabellos kommuniziert – über Smartphones oder andere Geräte. Der Sensor liefert Vibrations- und Temperaturinformationen, die eine schnelle Zustandsanzeige des Lagers ermöglichen, wodurch ein unerwarteter Ausfall verhindert und die Lebensdauer der Ausrüstung verlängert werden kann.
Über die Maschinenüberwachung Aion inkl. Echtzeit FFT-Analyse (Fast Fourier Transform) und KI-Algorithmen in der Firmware dank Edge-Computing Architektur von AiSight habe ich im Okt. 2020 bereits berichtet.
All diese schönen Dinge sind Cloud-basierte Anwendungen, die für den Ventilatoren-Hersteller keine offenen Systeme darstellen, da diese Software und Datenauswertung auf den Komponenten-Hersteller spezifischen Plattformen betrieben werden. Will man jedoch sowohl die kurzfristige Lösung für einen Soforteinstieg und sich aber auch für die langfristige Lösung und Integration in andere IoT-Datenbanken, wie z.B. die Leonardo-IoT-Plattform von SAP offen halten, benötige ich zumindest ein System, das über eine REST-API die Möglichkeit geschaffen hat mit anderen Systemen zu kommunizieren.
Hier bietet sich die Lösung von SH-Tools an.
Die SH-Tools GmbH https://www.sh-tools.com/ aus dem Technologiezentrum Marienwerder / Hannover haben jetzt 4 Jahre Forschung und Entwicklung betrieben und somit viel Zeit und Geld investiert, um das SH-Tools System jetzt in den Markt zu bringen. Dazu zählen die Hardware, die ToolBox, wie auch eine Web-Applikation die als Software as a Service (SaaS) oder On-Premises Variante angeboten wird. Das gesamte System ist Herstellerunabhängig und über eine dokumentierte REST-API offen für die Anbindung an weitere Systeme wie SAP, Salesforce etc.
Bild 20: Quelle: SH-Tools GmbH
Mit dem SHT System kann man in der Industrie dezentral in einem All-In-One Datensammler physikalische Messdaten für die präventive Instandhaltung analysieren und digitalisieren.
Bild 21: Quelle: SH-Tools GmbH – Hardware ToolBox
Die ToolBox umfasst 8 x 4 – 20 mA analoge Eingänge, 2 x digitale Eingänge, wie auch 3 digitale Ausgänge, die als Ampel funktioniert. Eine Möglichkeit für die Internetverbindung ist der Anschluss eines Ethernet Kabel. Alle Anschlüsse sind Standard M12 Anschlüsse.
Darüber hinaus können optionale Antennen angeschlossen werden wie LTE, WLAN /BT und GNSS/GPS. Für die einfache Identifizierung Vor-Ort kann mittels NFC die ToolBox, respektive das Aggregat erkannt werden. Die Stromversorgung wird über 24V gesichert. Alles zusammen ist in einem robusten Aludruckgussgehäuse und ist IP66 / IP67 zertifiziert.
Cloud-Applikation – MoniTool.
Die Web-Applikation MoniTool wurde genauso wie die Hardware mit der Idee entwickelt, dass alles sehr einfach sein muss. Die Software funktioniert in jedem modernen, aktuellen Internetbrowser.
Bild 22: Quelle: SH-Tools GmbH – Web-Applikation MoniTool
Der Benutzer kommt innerhalb weniger Schritte genau dorthin, wo er sein möchte. Die Übersichtsseite bietet alles auf einem Blick. Bei der Einrichtung weiterer Maschinen und Aggregate wird der Benutzer durch ein einfaches Menü geführt. Die Oberfläche wirkt sehr aufgeräumt und man kommt auf jedem Endgerät wie Notebook, Tablet oder sogar Smartphone schnell zum Ergebnis.
Die wichtigsten Funktionen sind das Trend-Chart, die digitale Dokumentation wie Ersatzteile, Reparaturberichte, Typenschild und Inbetriebnahmeprotokoll.
Das jetzige System wurde ausgiebig über 1 Jahr im Feld getestet. Darunter sind Hersteller wie auch Anlagenbetreiber aber auch Anlagenbauer. Vom Instandhalter über den Kaufmann bis hin zum digitalen Visionär sind alle überzeugt, dass die SH-Tools den Zahn der Zeit treffen.
Die Einbindung.
Die dezentrale Installation ermöglicht es, mit wenig Aufwand das System in den Betrieb zu nehmen. Nachdem alle Dokumente hinterlegt sind, die Sensoren angeschlossen sind und die ToolBox im System hinterlegt ist, hat man die Maschine oder das Aggregat digitalisiert. Ab diesem Zeitpunkt lebt man die Industrie 4.0 und gerade die kleineren Maschinen und Aggregate werden gern übergangen. Doch auch diese ungeplanten Stillstandszeiten können nicht kalkulierbare Kosten verursachen. Durch die Einstellung der Grenzwerte kann man sich alarmieren lassen, sollten diese Überschritten werden. Dieser Vorteil ist für den Anlagenbetreiber und Instandhalter sofort greifbar. Dies kann man im Retrofit Industrie 4.0 Bereich umsetzen aber auch bei Neumaschinen. Gerade wenn es um einen Gewährleistungsfall geht, ist der Blick in die Vergangenheit bei der Maschine hilfreich, um Klärung zu bieten. Handelt es sich um ein unsachgemäßes Betreiben der Maschine und Aggregate oder um einen Konstruktionsfehler. Hierbei zählt nicht den Schuldigen zu finden, sondern um die Nachhaltigkeit und ein weitgehend runden und störungsfreien Produktionsprozess zu erreichen.
Bild 23: Quelle: SH-Tools GmbH – MoniTool – Trend-Chart
Das Arbeiten in der Cloud.
Langfristig werden Dienstleister und Hersteller eine noch bessere Zusammenarbeit mit Ihren Kunden merken. Wenn alle Parteien sich über das gleiche Thema unterhalten und alle zusammen daraus ihren Mehrwert ziehen. Die präventive, zustandsorientierte Instandhaltung verursacht allgemein weniger Kosten, in dem die Laufzeit der Aggregate insgesamt erhöht wird und sich die Wartungskosten reduzieren.
Durch die gesicherte Cloud können alle Beteiligten im selben Datencenter arbeiten. Restriktive Zugänge ermöglichen ebenfalls, dass bestimmte Benutzergruppen auch nur bestimmte Bereiche bearbeiten können. Des Weiteren können Laufzeiten mit aufgezeichnet werden. Die SH-Tools hat einen aktiven Wartungskalender integriert. Somit kann die Software eine durchschnittliche Laufzeit errechnen und einen Zeitpunkt der Wartung festlegen. Dieser reagiert jederzeit auf das Aggregat. Das heißt, auch bei einer unübersichtlichen Größe an Aggregaten können Instandhalter jetzt feststellen, wann zum Beispiel eine Wartung oder eine Nachschmierkontrolle durchgeführt werden muss.
Bild 24: Quelle: SH-Tools GmbH – Wartungskalender
Die Keyfacts.
- Optimierung der Anlagensicherheit.
- Messdatenerfassung.
- Serviceintervalle für den Kunden werden proaktiv gestaltet (Wartungsverträge).
- Langzeit-Trendanalyse: Den Aggregatzustand im Fokus halten mittels Langzeit-Trendanalyse.
- Papierlose Dokumentation.
- Bestandsaggregate durch Vernetzung modernisieren und somit Kosten optimieren.
- Vorgeschriebene Inspektionen innerhalb der Gewährleistungszeit sind automatisch terminierbar.
- Bei Erstinbetriebnahme oder nach Revisionen von Aggregaten. permanente digitale Überwachung der Messwerte während des Probelauf.
Unterschied Mess- und Regelwarte zu Instandhaltung.
Mess- und Regelwarte:
Eine plötzliche Fehlfunktion der Aggregate wird von der Prozessparameterüberwachung nicht immer gleich erkannt. Die Prozessparameter sind hauptsächlich für den aktuellen Live-Prozessablauf zuständig. Für die reine Instandhaltung sehr komplex und teuer.
Präventive Instandhaltung:
Messen und Vorhalten von Maschinenparametern zum Überwachen der Aggregate. Frühzeitige Erkennung von Problemen durch Trendanalyse. Schnelle Reaktion durch Alarmierung bei Grenzwertüberschreitung. Garantie für eine zuverlässige Produktion und konsequente Kontrolle der Aggregate.
Bild 25: Quelle: SH-Tools GmbH – Einsatzbeispiel
Im Teil 3 meines Blog-Berichtes werde ich mich dann mit dem Digitalen Zwilling des CFS auseinandersetzen.