Schritt 2 – Auswahl der geeigneten Plattform

Bildquelle: LANline der WEKA FACHMEDIEN GmbH

Bei dem 1. Schritt zur Vorgehensweise bei der Zielsetzung zum Predictive Maintenance des Complete Fan Systems (CFS) hat das ausgewählte Team des Ventilatorenbauers die Arbeitsweise intelligenter Sensoren sowie das neue Umfeld der erforderlichen Hardware wie z.B. dem Gateway, aber  auch  die von den IoT-Plattformanbietern bereitgestellten SaaS-Funktionen wie Analyse- und Darstellungs-Tools kennengelernt.

Im 2. Schritt nun sollte es sich mit den bereits zahlreich auf dem Markt befindlichen IoT-Plattformen auseinander setzen, um die für ihr geplantes Geschäftsmodell aber auch die geplante strategische Zusammenarbeit sinnvolle IoT-Plattform auszuwählen.

Eines der Probleme ist die Vielzahl der Plattform-Anbieter. Zwar belebt die Konkurrenz das Geschäft, trotzdem ist zu befürchten, dass sich nur die großen weltweit agierenden Plattform-Anbieter auf Dauer durchsetzen werden. Denn eines ist klar, trifft man die falsche Wahl, und geht z.B. ein Nischenanbieter, dessen Lösung einem auf den ersten Blick wie für die eigene Zielsetzung zugeschnitten erscheint, insolvent oder stellt auch nur seine IoT-Plattform ein, kann dies einen herben Rückschlag bedeuten.

In einer Auswahl der angebotenen IoT-Plattformen hat internetword.de 2018 die nachfolgende Übersicht erstellt.

Marktübersicht IoT-Plattformen (Auswahl)   Quelle: internetworld.de
Anbieter / Internet Lösung Einsatzfeld Details
Amazon Web Services AWS IoT Core alle Anwendungsbereiche Services: Connectivity, Device-Management, IoT Analytics für Datenanalyse, maschinelles Lernen; Starter-Kits für Entwickler; Device Shadows (digitale Abbilder) von IoT-Systemen; Bereitstellung: Cloud
Atos Atos Codex Derzeit vor allem in Industrieunternehmen im Einsatz Services für Anbindung von IoT-Komponenten, Datenspeicherung und Analyse; Prognose-Funktionen, Bereitstellung: Cloud oder On-Premise
Bosch Bosch IoT Suite Alle Anwendungsbereiche Services für Gerätemanagement; Gateway-Software; IoT-Analyse, Remote-Management, Authentifizierung von IoT-Komponenten; Bereitstellung: Cloud-Plattformen von Bosch, AWS, Microsoft Azure, SAP, IBM Bluemix
Cumulocity Software Cumulocity IoT Alle Anwendungsbereiche Offene, applikationsorientierte Plattform; Services für Device-Management, Echtzeit-Datenanalyse, Anbindung (Connectivity), Integration von externen Applikationen; Unterstützung von Low-Power-WANs; Schnittstellen unter anderem zu SAP, Salesforce, Astea; Bereitstellung: Cloud oder On-Premise
Deutsche Telekom Cloud der Dinge Alle Anwendungsbereiche, derzeit Schwerpunkt Industrieunternehmen Services für Anbindung von IoT-Komponenten über Mobilfunk und Narrowband-IoT, Echtzeiterfassung und Analyse von Daten und Management von Endgeräten; zertifizierte Hardware von Partnern; Datenspeicherung in Deutschland; Bereitstellung: Cloud
Device Insight Centersight Alle Anwendungsbereiche, von Industrie bis Handel Modularer Ansatz; Funktionen unter anderem Remote-Management, Auswertung von Betriebsdaten; Embedded Controller und Embedded Clients für Endgeräte; Bereitstellung: Cloud oder On-Premise
Eurotech Everyware Cloud EC IoT-Middleware-Platt-form für industrielle Anwendungen Integrationsplattform für IoT-Komponenten; Services: Connectivity via Internet und MTTQ, Remote-Management, Echtzeit-Datenmanagement, Sicherheitsfunktionen; Bereitstellung: Cloud oder On-Premise
GE Predix Platform Industrie, Energie-wirtschaft Services: Connectivity, Performance-Management, Datenerfassung und -analyse (auch in Systemen am Rand der IoT-Infrastruktur); Erstellen von digitalen Zwillingen; maschinelles Lernen; Bereitstellung: Cloud
Google Google IoT Core Alle Anwendungsbereiche Services: Connectivity, Device-Management, Big-Data-Analytics-Funktionen, Machine Learning; Prototyping Kits für Entwickler; breiter Support von Hardware-Plattformen; Android-Things-Betriebssystem für IoT-Komponenten; Bereitstellung: Cloud
HPE HPE Universal IoT Platform Alle Anwendungsbereiche Implementierung und Management heterogener IoT-Gerätegruppen; Datenanalyse, auch am Rand der IoT-Infrastruktur (Edge); Entwicklung von IoT-Anwendungen; Connectivity unter anderem über Low-Power-WAN; Hardware-Komponenten (HPE Edgeline); Bereitstellung: Cloud oder On-Premise
IBM IBM Watson IoT Platform Alle Anwendungsbereiche Kooperation mit Cisco bei Fog- und Edge-Computing sowie Mobilfunk-Service-Providern; zwei Arten von digitalen Zwillingen; Blockchain-Service für Austausch von IoT-Daten; Bereitstellung: Cloud oder On-Premise
Microsoft Microsoft Azure IoT Alle Anwendungsbereiche Schwerpunkt auf einfacher Anbindung von IoT-Komponenten; Azure IoT Edge für Datenanalyse vor Ort; Machine Learning und KI-Dienste verfügbar; ergänzende Cloud-Dienste von Microsoft etwa zum Speichern von IoT-Daten; Bereitstellung: Cloud oder On-Premise mittels Azure Stack
PTC ThingWorx Industrie Schwerpunkt AEP (Application Enablement), Anwendungsentwicklung, Sammeln und Verwalten von IoT-Daten sowie Performance-Management; großer Marktplatz mit IoT-Lösungen anderer Anbieter; Microsoft Azure als bevorzugte Cloud-Plattform; Bereitstellung: Cloud oder On-Premise
Relayr IoT Middleware Platform Industrie Gerätemanagement, Regel-Engine, Erkennen von Anomalien, Daten-Streaming; Services für Geräte am Rand der IoT-Infrastruktur (Edge); Machine-Learning-Funktionen; Bereitstellung: Cloud oder On-Premise
SAP SAP Leonardo Alle Anwendungsbereiche „Innovations-Plattform“ für IoT und andere Felder im Bereich Digitalisierung; enge Verzahnung mit Enterprise-Software von SAP (ERP, CRM, Supply Chain Management etc.); Lösungspakete für spezielle Einsatzfelder und Branchen; Gateway für Edge-Computing; große, gewachsene Ökosphäre von Entwicklern und Anbietern von Drittanwendungen; Bereitstellung: Cloud oder On-Premise
Siemens MindSphere Alle Anwendungsbereiche, jedoch starker Bezug zu Industrie und Smart City Platform-as-a-Service-Modell; Services: Connectivity, vorkonfigurierte Lösungen, Anwendungsverwaltung, Datenvisualisierung; Bereitstellung: Cloud, ab Ende 2018 auch   On-Premise

Wenn nun also ein Ventilatorenbauer sich für eine Plattform entscheiden soll, können natürlich Fragen zur strategischen, langfristigen Ausrichtung genauso eine Rolle spielen, wie Überlegungen zur Einbindung der eigenen IT-Infrastruktur. Hat ein Unternehmen z.B. bereits von SAP das ERP-System im Einsatz, könnte eine enge Verzahnung mit der Enterprise-Software von SAP ein Argument für die SAP Leonardo sein.

Nutzt ein Unternehmen bereits andere Cloud-Anwendungen z.B. von Microsoft, so wird dies sicherlich Überlegungen anstellen, ob die Microsoft Azure IoT die notwendigen Funktionen und SaaS-Lösungen für die eigene Zielsetzung bietet.

Will hingegen das Team des Ventilatorenbauers, seine eigene IoT-Strategie mit dem IoT- und SaaS-Angebot der eingesetzten Antriebslösungen und deren Smart-Sensor-Lösungen komplettieren, bieten sich natürlich die IoT-Plattformen wie z.B. die ABB Ability oder die MindSphere von Siemens an. Beide genannten IoT-Plattform Anbieter nutzen die IaaS-Dienste großer Cloud-Anbieter. So ist z.B. die ABB Ability auf der Microsoft Azure implementiert. Siemens hat seine ausgewählten Infrastrukturanbieter gemäß deren Rechenzentrumsstandorten in 3 Regionen aufgeteilt. In der Region Europa 1 ist die IoT-Plattform MindSphere auf der AWS mit Rechenzentrumstandort Frankfurt – Deutschland implementiert. Region Europa 2 auf der Microsoft Azure mit Rechenzentrumsstandort Amsterdam – Niederlande, und letztlich die Region China 1 auf der IaaS Alibaba Cloud mit dem Rechenzentrumsstandort Shanghai – Chnina.

In meinem nächsten Bericht „Teil 3 – Erste Schritte auf der ausgewählten IoT-Plattform“ werde ich die notwendigen Aktivitäten erläutern.

Vorgehensweise bei der Umsetzung zum Geschäftsmodell „Predictive Maintenance des CFS“

Bei meinem Bericht „Beratende Begleitung bei Digitalisierungs-Projekten auf dem Weg zur Plattformökonomie für fertigende Klein- und Mittelständler aus dem Ventilatorenbau“ habe ich sowohl über die Willensfindung als auch die organisatorische Voraussetzung geschrieben, die notwendig sind, wenn sich ein Maschinenbauer auf dem Weg zum Plattform-Unternehmen machen will.

Desweiteren habe ich bereits darauf hingewiesen, dass ein Klein- und Mittelständler nicht sämtliche erforderlichen Aktivitäten und Kompetenzen für eine angestrebte Positionierung im IoT-Ökosystem in Eigenregie aufbauen und durchführen sollte, da dies aus Zeit-, Kompetenz- und Ressourcengründen meist ohnehin nicht darstellbar sein dürfte.  D.h. es ist umso wichtiger neben der Festlegung der eigenen Rolle und Wertschöpfungstiefe auf Basis realistischer Einschätzung der individuellen Ausgangssituation die Suche und Auswahl infrage kommender Partner, mit denen das IoT-Ökosystem gemeinsam gestaltet werden kann, vorzunehmen.

In den folgenden Berichten möchte ich am Beispiel des Ventilatorenbauers eine mögliche Art der Vorgehensweise zum Aufbau eines erweiterten Geschäftsmodells, dem IoT-basierten Predictive Maintenance der Complete Fan Systems (CFS) beschreiben.

Auf der Suche nach infrage kommende Partner bieten sich für einen Ventilatorenbauer zwangsläufig die großen Antriebsfirmen an, deren Produkte  a) zu dem kompletten Ventilatorsystem ohnehin meist dazugekauft werden (also Motore und Frequenzumrichter) und die b) Ihre Produkte bereits zu IoT-fähigen smarten Produkten gestaltet haben und bereits entsprechende Auswert- und Analyse-Tools als SAAS-Dienste auf entsprechenden Plattformen zur Verfügung stellen.

Als Beispiele seien hier ABB und Siemens genannt. Beide Firmen bieten bereits derartige Lösungen an.

ABB mit dem ABB Ability Smart Sensor System auf seinem IoT Betriebssystem basierend auf der Microsoft Azure Cloud-Plattform und Siemens z.B. mit dem Smart Motor Concept auf der MindSphere, einem offenen IoT Betriebssystem von Siemens.

1. Schritt

Bei den beispielhaft genannten Partnern ist es also möglich den Einstieg über deren Smart Sensor Lösungen und den IoT-basierten Daten an einem Versuchs-Ventilator zu beginnen. D.h. den Versuchs-Ventilator z.B. bei der ABB sowohl an der eigenen Lagerung als auch dem Antriebsmotor jeweils mit Smart Sensoren von ABB auszustatten und die Auswertung bereits ohne eigene Plattform-Aktivität sich mittels einer zugehörigen App auf einem Tablet bzw. Smartphone anzusehen. Die Aussage von ABB, dass deren Sensoren auch für Fremdfabrikate geeignet seien, läßt sich so leicht überprüfen, indem man einen Versuchsventilator abwechselnd mit einem ABB-Motor und einem Fremdfabrikat z.B. Siemens, WEG, VEM etc. bestückt und die Ergebnisse der Sensordaten und – analysen vergleicht. Gleiches Prozedere läßt sich auch mit den Smart Motor Concept von Siemens durchführen, wobei hier von Siemens meines Wissens nach kein passender Smart Sensor für die eigene Lagerung des Ventilators zur Verfügung steht.

Für diesen 1. Schritt bedarf es noch keines großen Budges.                                                              Die Kosten bei ABB z.B. liegen bei ca. 100€ pro Sensor + <99€/Jahr pro Sensor Lizenzen + ca. 500€ für den Kauf eines Gateway.

Der Zeitaufwand für die Inbetriebnahme mit der Smartphone-App liegt bei ca. 1-3 Minuten je Sensor , dann die Sensoren an Ventilatorlagerung und Motor installieren (je Sensor auch nur wenige Minuten) und letztlich die Inbetriebnahme des Gateway in ca. 1-3 Minuten.

Den ersten Messlauf sollte man im Gut-Zustand von Ventilator und Motor durchführen und protokollieren, um später auch bei Abweichungen (z.B. Testlauf mit erzwungener Unwcht) die Daten mit den eigenen Messungen vergleichen zu können. So werden spätere Anzeigen bei Abweichungen des Soll-Zustandes besser erkannt und verstanden.

Hat man durch derartige Versuche das System seiner Wahl gefunden, um aus dem Ventilatorsystem ein smartes Ventilatorsystem zu erstellen, kann man sich im 2. Schritt bei der Plattform dieses Anbieters anmelden. Hierzu dann mehr in meinem nächsten Bericht.