Vorwort: Auszug aus VDMA Veröffentlichungen.
Die Digitalisierung verändert nicht nur die Produktion, sie führt auch zu ganz neuen Geschäftsmodellen. Auch in Traditionsbranchen wie dem Maschinenbau wird die Plattformökonomie verankert. Erfolg ist aber nur möglich, wenn dieser Wandel im Unternehmen nicht als reines IT-Projekt gesehen wird. Die Plattformökonomie gehört auf die CEO Agenda und braucht echten Teamgeist, der Einzelkämpfer hat ausgedient.
Gute Geschäfte macht nur, wer dem Kunden echten Nutzen stiftet. Dieser Leitsatz gilt für die „old economy“ ebenso wie für die neue, zunehmend von Algorithmen gesteuerte Verbindung von Hersteller und Käufer. Auch die Betreiber von Plattformen im B2B-Geschäft müssen sich darauf fokussieren, die Bedürfnisse ihrer Nutzer möglichst umfassend und individuell zu erfüllen. Nur wenn der Plattformnutzer ein Angebot vorfindet, welches einen großen Teil der von ihm alltäglich benötigten Produkte und Dienstleistungen beinhaltet, bringt eine Plattform den Mehrwert, der eine Kundenbindung erzeugt. Das gilt für Amazon und Alibaba ebenso wie für industrielle Plattformen wie Siemens Mindsphere, PTC´s ThingWorx, ABB Ability, AXOOM oder adamos, sowie Microsoft Azure.
Unternehmen, die sich auf die Plattformökonomie einlassen, müssen sich weiterentwickeln: vom klassischen Produktanbieter zum Teil eines Wertschöpfungsnetzwerkes. Sie müssen über ihr traditionelles Produktportfolio hinaus einerseits Produkte und Dienstleistungen in Partnerschaft mit anderen anbieten, sich andererseits aber bewusst und offen dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb stellen. „Wenn wir Mehrwertdienste anbieten wollen, können wir unseren Kunden nicht nur unsere Maschinen anbieten, sondern müssen auch Maschinen und Dienstleistungen von anderen Marktteilnehmern anbieten. D.h. vom Produkt- zum Sytemlieferanten bis hin zum Plattformanbieter mit erweiterten Geschäftsmodellen, wie z.B. dem Predictiv Maintenance des angebotenen Systems.“
Die Wertschöpfung im B2B-Geschäft erfolgt immer stärker durch digitale Services. Der Maschinenbau kann Treiber der neuen Plattformökonomie sein – Voraussetzung ist aber, dass das Thema auf Vorstandsebene verankert wird.
Die Plattformlandschaft im deutschen Maschinen- und Anlagenbau befindet sich derzeit in einer frühen Phase ihres Lebenszyklus und ist dementsprechend massiv in Bewegung: Die Entwicklung ist von einer Vielzahl an Akteuren und Markteintritten, einer großen Dynamik in der Ausdifferenzierung des Leistungsspektrums und einem entsprechend heterogenen Angebot für potenzielle Nutzer geprägt.
Inhalt:
- Plattformthema auf die CEO-Agenda setzen
- Strategische Ziele festlegen
- Relevante Anwendungsfälle definieren
- Realistische Bestandsaufnahme vornehmen
- Unternehmensumfeld beobachten
- Optionen und Szenarien entwickeln
- Kundenschnittstelle nicht aus der Hand geben
- Passende Kooperationspartner auswählen
In acht Schritten zur IoT-Strategie (Quelle: In Anlehnung an Roland Berger in Zusammenarbeit mit dem VDMA)
1. Plattformthema auf die CEO-Agenda setzen.
IoT-Plattformen bieten Anbietern wie Nutzern umfassende Möglichkeiten und Chancen, haben perspektivisch enorme Auswirkungen auf die Erlös- und/oder Kostenposition und können damit einen entscheidenden Beitrag zur strategischen Positionierung eines Unternehmens im Wettbewerb und zu dessen unternehmerischem Erfolg leisten. Aus der Fülle potenzieller Optionen, der Dynamik der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Plattformökonomie und der Komplexität der Thematik ergeben sich zahlreiche Herausforderungen, aber auch Risiken. Wie jede Frage von großer strategischer Bedeutung erfordert eine IoT-Plattformstrategie die volle Aufmerksamkeit des Topmanagements, die Integration in die Unternehmensstrategie sowie die aktive Steuerung und Nachhaltung der Erfolgswirkung der definierten Aktivitäten durch die Geschäftsführung bzw. den Vorstand. Deswegen sollten entsprechende Entscheidungen nicht nur innerhalb der Digital- oder IT-Strategie verankert werden, sondern gehören zwingend auf die Geschäftsführungs- oder CEO-Agenda.
Begründung der Notwendigkeit zum Handeln:
Betrachtet man einmal die sich abzeichnenden drei charakteristischen Strategiepfade in dem Geschäftsmodell-Technologie-Portfolio, so werden die grundsätzlichen Veränderungen, denen heute die Unternehmen mit klassischem Geschäft gegenüber stehen, deutlich.
Dabei erkennen wir zwei strategische Ansätze, wie der mittelständische Maschinenbauer von seiner Kernkompetenz dem physischen Produkt zum Plattform-Unternehmen wird.
A. Durch Wissen und Serviceorientierung zum Plattform-Unternehmen.
Die Voraussetzungen sind zum Beispiel bei einem klassischen Maschinenbauer oder in der Fertigungsindustrie vorhanden. Hier dominiert ein service- und wissensorientiertes Vorgehen. Man hat über Jahre hinweg ein Spezialwissen aufgebaut, welches für den Marktvorsprung essenziell ist. Wird dieses Wissen beispielsweise durch Data Analytics, Machine Learning und Quelle:Von Webteam UNITY – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, künstliche Intelligenz genutzt und angewandt, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=68073586 können enorme Potenziale gehoben werden.
Das Know-how, um die Anforderungen eines Kunden zu erfüllen, haben die Unternehmen. Damit kann der Maschinenbauer auch in der Plattformökonomie der Treiber des Geschehens sein.
B. Über Plattform-Technologie zum Plattform-Unternehmen.
Einen anderen Weg beschreibt das technologieorientierte Vorgehen. Hierbei stehen klar die Technologien und Werkzeuge innerhalb vorhandener Plattform-Produkte im Vordergrund. Durch die Kompetenzen zur Beherrschung aktueller IoT-Technologien wird die Grundlage geschaffen mit Datenströmen aus verschiedenen Quellen (Systemen, Sensorik, Steuerungen etc.) operieren zu können, sichere Übertragungswege und eine vertrauenswürdige Speicherung zu gewährleisten. Mit diesen Daten kann dann unter Zuhilfenahme unterschiedlicher Tools gearbeitet werden, um Muster und Zusammenhänge zu erkennen, Verhalten zu simulieren oder Analysen zu erstellen, die schlussendlich in Algorithmen automatisiert werden. Produkte wie „Machine Learning“ unterstützen den Aufbau einer künstlichen Intelligenz. Erste Schritte in der Daten-Visualisierung und Analyse können also durch vorkonfigurierte Werkzeuge von Plattformtechnologie-Anbietern ohne große Spezialisierung umgesetzt werden. Hieraus können auch für Kunden Produkte wie Cockpits oder Analysetools entstehen, die zur Generierung von Wissen für den Kunden wie auch für den Hersteller genutzt werden können. Bei dieser Herangehensweise folgen die Ideen den Erkenntnissen aus den Daten, um daraus neue Dienste oder Services zu generieren.
C.Disruption.
D.h. es entstehen Fertigungsplattformen – Unternehmen, die die Regeln für Produktion und Produktentwicklung umschreiben. Das logische Ergebnis bestehender Trends zum Outsourcing und zur fabriklosen Produktion. So nennt sich beispielsweise die in Amsterdam ansässige 3D-Hubs „das weltweit größte Netzwerk von Hubs für die Fertigung“ mit 7365 Fertigungspartnern in 140 Ländern. Xometry aus Maryland bietet an „sofort auf die Produktionskapazität von über 2.500 Herstellern mit weitreichenden Fähigkeiten in 50 Staaten“ zugreifen zu können.
Es gibt Chancen sich ebenfalls auf den Weg zum Plattformunternehmen aufzumachen, aber es besteht auch die Gefahr, dass Internetgiganten und IT-Konzerne bereits bereitstehen, um sich zwischen den Maschinenbau und seine Kunden zu drängen, und so der Maschinenbau letztlich nur noch als verlängerte Werkbank agiert.
Die Branche sollte bei der Plattformökonomie daher auf keinen Fall den Anschluss verpassen.
Herstellern des Maschinen- und Anlagenbaus eröffnen digitale Plattformen die Möglichkeit, ihre Kunden deutlich besser kennen- und verstehen zu lernen. So macht die Auswertung von Nutzungsdaten transparent, welche Anforderungen den Alltag des Kunden bestimmen und wie das eigene Angebot entsprechend angepasst werden kann. Darüber hinaus können Anbieter auf der Grundlage ihres fundierten Domänenwissens und intimer Kenntnisse der Kunden- und Produktanforderungen neue digitale Services entwickeln, über die Plattform vermarkten und so zusätzliche Erlöse erschließen.
Hierbei sollte über den sich abzeichnenden Trend nach der Forderung eines Predictive Maintenance in Anlagen, bei denen auch Ventilatoren verbaut sind, nachgedacht werden.
Auf den ersten Blick, glaubt der Ventilatorenbauer, dass nicht er, sondern sein Kunde (der Anlagenbauer) ihm den Zugang zum Endkunden (Anlagenbetreiber) verwehren wird, um selbst das Geschäft zu machen. Dies ist falsch. Genauso gut, wie ein Ventilatorenbauer bei einem kompletten Ventilatorsystem (also Ventilator, Motor, Regelung) eine sinnvolle online Überwachung und Auswertung der Daten nicht ohne das Antriebsystem (Motor und Frequenzumrichter) vornehmen kann, kann der Anlagenbauer dies für seine Anlage nicht ohne die wichtigen Komponenten Ventilatorsysteme, Pumpensysteme etc. D.h. er müsste die Daten und den Datenzugriff auf diese Komponenten mit seinen Zulieferanten vertraglich regeln. Wollen diese, wollen die Ventilatorlieferanten also Ihre Daten und den Zugriff darauf einfach kostenfrei zur Verfügung stellen? Wollen sie bei der Forderung nach einem digitalen Produkt-Zwilling auch diesen, wie in der Vergangenheit ein komplettes 3D-CAD-Modell, kostenfrei zur Verfügung stellen? Nein das kann es nicht sein. Die Forderungen nach einem Zugriff auf Daten und einem digitalen Zwilling des Produktes werden kommen, um in der Kette bis zum Betreiber der Anlagen die Möglichkeit eines Predictive Maintenance aufzubauen. Wenn also der Ventilatorenbauer ein Glied in der Kette ist, sollte er sich frühzeitig bereit machen, aus den Forderungen des Marktes ein datengetriebenes Geschäftsmodell zu kreieren und die Kundenschnittstelle nicht aus der Hand geben. So können hiervon alle vom Komponentensystemlieferant über den Anlagenbauer bis hin zum Anlagenbetreiber hieraus ihren Nutzen ziehen.
Notwendige Aktivitäten:
Hat der Vorstand bzw. die Geschäftsführung eines mittelständischen Maschinenbauers die Notwendigkeit zur Digitalen Transformation und die Auswirkungen auf sein derzeitiges Geschäftsmodell noch nicht erkannt, sollte dieser persönlich sich in entsprechenden Seminar-Angeboten anmelden oder aber einen Inhouse Termin mit einem Berater vereinbaren, der in einer entsprechenden Präsentation und anschließenden Diskussion die Notwendigkeit eines Digitalisierungs-Projektes vermittelt.
Wobei ich persönlich zwischen den beiden Themen „Industrie 4.0“ und der „IoT-Plattformökonomie“ klar unterscheiden möchte.
Bei der „Industrie 4.0“ geht es meistens um eine vertikale Strategie, also der innerbetrieblichen Optimierung der Geschäftsprozesse. D.h. in den meisten Fällen um fertigungsnahe Optimierungen.
Bei der „IoT-Plattformökonomie“ hingegen, also der horizontalen Strategie, geht es um eine unternehmensübergreifende Integration mit Lieferanten und Kunden sowie Ausrichtung auf erweiterte und/oder neue Geschäftsmodelle. Diese sehe ich für einen Ventilatorenbauer als vorrangige Zielsetzung.
Ist die Notwendigkeit eines Projektes zur „IoT-Plattformökonomie“ bereits auf der Agenda der Geschäftsführung, sollte für die weitere Vorgehensweise diese ein Team aus der Führungsebene aller Geschäftsbereiche, also von Technik, Produktmanagement, Marketing, Vertrieb, Service, Recht, Finanzen und IT zusammenstellen. Diese sind für die Ausarbeitung der nachfolgenden Schritte zuständig und unterrichten die Geschäftsführung in vereinbarten Abständen.
2. Strategische Ziele festlegen
So heterogen wie die derzeitige IoT-Plattformlandschaft stellt sich auch die Bandbreite möglicher unternehmerischer Zielstellungen innerhalb der Plattformökonomie dar:
Sollen Plattformen vertikal, also zur innerbetrieblichen Optimierung der Geschäfts- und Produktionsprozesse, oder horizontal, d.h. zur unternehmensübergreifenden Integration mit Lieferanten und/oder Kunden und Ausrichtung auf erweiterte und/oder neue Geschäftsmodelle eingesetzt werden?
Oder beides?
Verfolgt das Unternehmen eher direkte Umsatz- und Wachstumsziele etwa über neue Serviceangebote oder konkrete Kostenreduktionsziele etwa im eigenen Fabrikbetrieb oder zunächst qualitative, strategische Ziele wie eine zusätzliche Form der Kundenbindung, ein innovative(re)s Image oder soll eine bestimmte Positionierung im Wettbewerb strategisch besetzt werden?
Soll das Unternehmen in eine eigene Plattforminfrastruktur investieren oder sich der Dienste bestehender Marktführer bedienen?
Klare Aussage meinerseits; Klein- und Mittelständler, wie dies meist bei den Ventilatorenbauern der Fall ist, sollten zwingend von eigengestrickten Lösungen Abstand nehmen, sondern sich der verschiedenen Dienste der Abstraktionsschichten, wie Infrastructure as a Service (IaaS), Platform as a Service (PaaS) und zum Teil vorhandener Lösung der Software as a Service (SaaS), etablierter Anbieter von IoT-Plattformen bedienen und die eigenen Produktdaten, Digital Product Twins, sowie servicefreundliche Apps auf der PaaS entwickeln.
Abhängig von den entsprechenden strategischen Leitplanken sowie dem zeitlichen Betrachtungshorizont ergeben sich unter Umständen völlig unterschiedliche Herangehensweisen und Gestaltungsoptionen zwischen Plattformbetrieb, Plattformnutzung oder einer Kombination aus beidem. Daher setzt eine systematische Beschäftigung mit dem Thema Plattform eine Definition der damit verbundenen Ziele sowie die Klärung von möglichen Anknüpfungspunkten und Interdependenzen mit anderen strategischen Aspekten und Aktivitäten im Unternehmen voraus.
Notwendige Aktivitäten:
Das von der Firmenleitung berufene kleine Team der Führungsebene aus Technik, Produktmanagement, Marketing, Vertrieb, Service, Recht, Finanzen und IT diskutiert die strategische Zielsetzung gegebenenfalls unter Einbeziehung eines externen Beraters und formuliert und fixiert diese schriftlich. Letztlich werden die zur Erreichung dieser Ziele relevanten Anwendungsfälle definieren.
3. Relevante Anwendungsfälle definieren
Wie bereits ausgeführt, sind es die richtigen Anwendungsfälle, die den eigentlichen Mehrwert für die meisten Unternehmen schaffen. Wir beobachten eine Vielzahl von Applikationsentwicklungen, die ohne erkennbaren Mehrwert für den Kunden und damit auch ohne wirkliches Geschäftspotenzial sind. Die Identifikation der richtigen Anwendungsfälle und der Aufbau von Geschäftsmodellen ist deshalb zentral für den unternehmerischen Erfolg in der IoT-Plattformökonomie.
Welche Anwendungsmöglichkeiten und Applikationen kommen im eigenen Unternehmen oder bei Kunden tatsächlich infrage?
Welche Probleme aus externer oder interner Kundensicht werden damit behoben oder zumindest reduziert, welche Vorteile können realisiert werden?
Welche Voraussetzungen müssen im Unternehmen erfüllt sein, welche Hürden sind zu überwinden?
Nur eine klare Priorisierung auf tatsächlich erfolgversprechende Anwendungsfälle ermöglicht ein zielgerichtetes und effizientes Vorgehen. Sollten (zu) viele Anwendungsfälle als attraktiv bewertet werden, bietet sich erfahrungsgemäß ein Vorgehen in definierten kleineren Schritten an.
Notwendige Aktivitäten:
Das Team definiert und fixiert schriftlich die zur Erreichung des Aufbaus neuer Geschäftsmodelle notwendigen Anwendungsfälle und legt realistische Steps mit erreichbaren Zwischenzielen fest. Diese werden dann später bei der Umsetzung regelmäßig der Geschäftsführung vorgelegt und der Grad der Zielerreichung bestimmt.
4. Realistische Bestandsaufnahme vornehmen
Sind die Ziele eines Engagements mit Plattformen und die dafür zu priorisierenden Anwendungsfälle sowie der zeitliche Betrachtungshorizont geklärt, erfolgt im nächsten Schritt der Realitätsabgleich der definierten Strategie. Dazu sollte möglichst objektiv bewertet und eingeschätzt werden, ob und wie die Umsetzung für das betreffende Unternehmen geleistet werden kann. In diesem Zusammenhang stellen sich u.a. Fragen zum vorhandenen im Vergleich zum erforderlichen finanziellen Budget, zur personellen Ressourcenausstattung sowie zu weiteren relevanten Ausgangsbedingungen auf dem Weg in die Plattformökonomie, der oft auch die Ressourcenkonkurrenz mit anderen Investitions- bzw. Strategieprojekten im Unternehmen zu bestehen hat. Besondere Relevanz kommt hier der sogenannten digitalen Reife zu, also den Erfahrungen und Kompetenzen im Umgang mit dem Internet der Dinge. Ein objektiver und auf standardisierten Kriterien beruhender Abgleich, etwa auf Basis des IoT-Readiness Checks von Roland Berger, liefert hier rasch erste Transparenz und eine gute Grundlage für einen Aktivitäten- und Meilensteinplan, wie möglicherweise vorhandene Lücken zum Start in die Plattformökonomie geschlossen werden können.
Notwendige Aktivitäten:
Realistische Bestandsaufnahme, wie zuvor beschrieben. Siehe hierzu auch unter https://www.industrie40-readiness.de/
Bei einem Readiness-Check zur Industrie 4.0 werden im Wesentlichen 6 Dimensionen untersucht.
Wobei hier von einer allumfassenden Digitalen Transformation ausgegangen wird. Hierbei sollte aber je nach Vorhaben wieder zwischen den Erfordernissen nach einer (1)Industrie 4.0- oder aber einer (2)IoT-Plattformökonomie-Strategie unterschieden werden. Beides gleichzeitig voran zu treiben könnte eine Überforderung darstellen.
- Strategie und Organisation (1) und (2) Strategie und Unternehmenskultur für Start von Industrie 4.0 ist entscheidend.
- Smart Factory (1) In vernetzter Fabrik wird dezentrale und hochautomatisierte Produktion möglich.
- Smart Operations (1) Intelligente Werkstücke steuern den Fertigungsprozess.
- Smart Products (1) und (2) Physische Produkte werden mit IKT-Komponenten ausgestattet. (z.B. Sensoren, RFID, Kommunikationsschnittstelle)
- Data-driven Services (2) Datenbasierte Dienstleitungen werden in Geschäftsmodelle eingebunden.
- Mitarbeiter Erfolgreiches Umsetzen von (1)Industrie 4.0 und (2)IoT-Plattformökonomie setzt qualifiziertes Personal voraus.
(1)
(2)
Bild Quelle https://www.industrie40-readiness.de/
5. Unternehmensumfeld beobachten
Ebenso große Bedeutung wie die Innenperspektive hat die Außenbetrachtung, also die Analyse der Bedingungen und Aktivitäten im Unternehmensumfeld. Zu berücksichtigen sind Aspekte wie:
Welche Plattformen kommen für die angestrebte Positionierung und die geplanten Aktivitäten des Unternehmens infrage?
Worin unterscheiden sie sich – und welche individuellen Stärken, aber auch Schwächen weisen sie im Wettbewerbsvergleich auf?
Wie reagieren aktuelle und potenzielle Kunden bzw. Nutzer der Plattformen – und wie verhält sich die Konkurrenz?
Genauso entscheidend sind technische Detailfragen, etwa zur Plattformdurchgängigkeit bzw. Portabilität, oder juristische Fragestellungen, etwa zum nationalen und internationalen Rechtsrahmen in puncto Datenbesitz sowie Datenhoheit. Diese und weitere Fragestellungen erfordern nicht nur eine hohe Transparenz bzgl. des aktuellen Sachstands, sondern auch eine kontinuierliche Betrachtung der dynamischen Weiterentwicklung der relevanten Sachverhalte. Darüber hinaus lassen sich aus der Kenntnis des Unternehmensumfelds im Regelfall wichtige Erkenntnisse zum erfolgreichen Timing des eigenen Handelns ableiten, sei es in Bezug auf den Zeitraum für die Entwicklung eigener Angebote oder in Bezug auf den tatsächlichen Markteintritt mit verschiedenen Angebotsbestandteilen. Wichtig sind außerdem die Beobachtung derzeitiger und potenzieller zukünftiger Technologien und die Einschätzung von deren jeweiliger Relevanz sowie Marktreife je priorisierten Anwendungsfall.
Notwendige Aktivitäten: Zur Bestimmung der Wahl einer für die Zielsetzung geeigneten Plattform wird eine Kriterien-Liste aufgestellt, die der Plattformanbieter erfüllen sollte. Hierzu können eigene Recherchen oder aber die Inanspruchnahme von Beratern bzw. Einzel-Gespräche mit entsprechenden Anbietern zum Ziel führen.
6. Optionen und Szenarien entwickeln
Die in den vorangegangenen Schritten erarbeiteten Ziele, priorisierten Anwendungsfälle sowie die unternehmensinterne und -externe Transparenz bilden schließlich die Grundlage zur Erarbeitung konkreter Optionen zur Positionierung des Unternehmens in der Plattformökonomie.
Dies betrifft zunächst die Frage, welche Ebene(n) im IoT-Ökosystem im Zuge der angestrebten Positionierung in der Plattformökonomie abgedeckt werden soll(en); hier kommen auch die bereits diskutierten Optionen als möglicher Orchestrator oder als Teilnehmer einer Plattform ins Spiel.
Darüber hinaus gilt es, den zu generierenden Kundennutzen weiter zu spezifizieren und konkretisieren. Dies leitet über zu einer im Regelfall erforderlichen Überprüfung und Anpassung des Geschäftsmodells, also Aspekten wie Kern- und Zusatzleistungen, Wertschöpfungsaktivitäten und möglicher eigener Wertschöpfungstiefe sowie Fragen des Erlösmodells wie Erlösformen und Preisstrategie.
Die Voraussetzung dafür besteht einerseits in einer Neujustierung der zukünftig abzudeckenden Kernkompetenzen, andererseits aber auch in einem Verständnis für bestehende oder zukünftig mögliche Wertschöpfungsnetzwerke mit externen Partnern.
Wichtig ist, dass die jeweils gewählte Positionierung im Umgang mit Plattformen zum eigenen Unternehmen passt, also mit dem traditionellen Leistungsspektrum, den Kompetenzen, aber auch den Vertriebskanälen komplementär oder zumindest kompatibel ist.
Letztlich kommt es aber auch auf ein Denken in Szenarien an, da die Weiterentwicklung von Technologien, Kundenbedürfnissen und Wettbewerbsaktivitäten nicht exakt prognostizierbar sein dürfte.
Notwendige Aktivitäten:
Die Realisierungsmöglichkeit der definierten Zielsetzung und der hierzu relevanten Anwendungs-fälle muss mit der bis hierher vorhandenen bzw. erreichten Kernkompetenz abgeglichen werden. Die Ausformulierung der neuen Geschäftsmodelle sowie des Erlösmodells muss mit den hierzu erforderlichen Dienstleistungen des Zulieferers und des Kunden zu einem wirtschaftlich sinnvollen Gesamtkonzept für den Endbetreiber vorgenommen werden und in den Vertriebskanälen verankert werden.
7. Kundenschnittstelle nicht aus der Hand geben
Einen der wichtigsten Aspekte im Zusammenhang mit den beschriebenen Optionen und Szenarien stellen die Themen Kundenzugang und Kundenschnittstelle dar.
An diesem Punkt kulminieren erfahrungsgemäß viele Bedenken gegenüber Plattformen, da häufig ein Eindringen branchenfremder Akteure an die Schnittstelle zwischen Anbietern des Maschinen- und Anlagenbaus und den Fabrikbetreibern als ihren Kunden als Drohszenario beschrieben wird.
Fakt ist: Unabhängig von der individuell gewählten Strategie sollte die Kundenschnittstelle nicht aus der Hand gegeben werden.
Dadurch, dass kundenspezifische Applikationen in Eigenregie oder zumindest kontrolliert durch Partner bzw. vertraglich eng angebundene Dienstleister erstellt werden, wird sichergestellt, dass der Kundenzugang mit direktem Feedback und einer Kommunikation von Wünschen oder Problemen aus erster Hand gewährleistet bleibt.
Prinzipiell zeigt sich der Maschinen- und Anlagenbau durch sein umfassendes Domänenwissen, aber auch durch sein tiefes Kundenverständnis gut gerüstet für die weitere Kontrolle der Kundenschnittstelle – er muss den Raum allerdings auch mit entsprechenden Angeboten an Applikationen und Services zum Nutzen des Kunden füllen; andernfalls wird sich früher oder später ein brancheninterner oder sogar -externer Anbieter finden, der versuchen wird, die spezifischen ihm fehlenden Kompetenzen an der Kundenschnittstelle aufzubauen bzw. zuzukaufen.
Notwendige Aktivitäten:
Bei der in näherer Auswahl gefassten Plattform, muss einerseits sichergestellt sein, dass auf alle notwendigen Daten, Digital-Twins etc. der Zulieferteile zugegriffen werden kann und diese dann über einen nur für den eigenen Kundenkreis zugänglichen und auftragsbezogen, abgesicherten Bereich im Zusammenhang mit den eigenen Produktdaten und Digital-Twins des Complete Fan System (CFS) zur Verfügung gestellt werden kann. Nur so kann dieser (z.B. ein Kunde als Anlagenbauer) dann im Gesamtkonzept und auf Grundlage eines z.B. Predictive Maintenance Vertrages dem Endkunden (Betreiber) angeboten werden. Diese zulässigen, auftragsbezogenen und zugriffsberechtigte zur Verfügungstellung der Daten und die eigens hierzu entwickelten Apps bilden die Grundlage neuer datengetriebener Geschäftsmodelle.
Entsprechende Sicherheitsmaßnahmen empfiehlt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
Doch auch die Anforderungen an die Sicherheit nützen dem BSI zufolge wenig, wenn sich der Anbieter im Betrieb nicht an Sicherheitsvorgaben und -vorschriften hält.
Zur Überprüfung und Eignung sollten Unternehmen laut BSI folgende Kriterien berücksichtigen:
– Reputation (überprüfbare Referenzen).
– Rankings oder Bewertungsmatrizen von (möglichst unabhängigen) Organisationen.
– Ist Cloud Computing das Kerngeschäft des Anbieters? Falls nicht, könnte es sein, dass
der Cloud-Dienst rasch eingestellt oder von einem anderen Anbieter übernommen wird.
– Welche Zugriffe durch den Dienste Anbieter oder Dritte werden erlaubt oder sind möglich?
– An welchen Standorten werden die Informationen verarbeitet und gespeichert?
– Welches geltende Recht liegt einem Vertrag zugrunde, welchen rechtlichen
Rahmenbedingungen unterliegt der Anbieter?
– Angabe der Subunternehmen zur Service-Erbringung um Abhängigkeiten des Cloud-
Anbieters beurteilen zu können.
8. Passende Kooperationspartner auswählen
Es ist bereits mehrfach angeklungen: Ein Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus, zumal ein mittelständisches, muss und sollte nicht sämtliche erforderlichen Aktivitäten und Kompetenzen für seine angestrebte Positionierung im IoT-Ökosystem in Eigenregie aufbauen und durchführen; dies dürfte aus Zeit-, Kompetenz- und Ressourcengründen meist ohnehin nicht darstellbar sein.
Umso wichtiger ist daher neben der Festlegung der eigenen Rolle und Wertschöpfungstiefe auf Basis einer realistischen Einschätzung der individuellen Ausgangssituation die Suche und Auswahl infrage kommender Partner, mit denen das IoT-Ökosystem gemeinsam gestaltet werden kann.
Neben fachlichen Fragen und Aspekten wie der Rolle als Orchestrator oder als Zulieferer bzw. Teilnehmer im Ökosystem kommt es hier auf ein Mindestmaß an kulturellem und persönlichem „Fit“ zwischen den potenziellen Partnern an. Dazu zählen u.a. Aspekte wie gleiche oder ähnliche Ziele und Visionen bzgl. eines Engagements in der Plattformökonomie, die Kompatibilität von Grundprinzipien und Abläufen der Unternehmen sowie nicht zuletzt die Erarbeitung einer win-win-Strategie für alle Beteiligten.